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Berlin (18.2.09): Die Petition an den Deutschen Bundestag zur Einführung des Grundeinkommens hat souverän die Hürde von 50.000 notwendigen Unterstützungserklärungen mit rund 3.000 Unterschriften übererfüllt.
In einer ersten Reaktion sagt Götz Werner - Gründer der Drogeriekette dm und Befürworter des Grundeinkommens -, dass nun die Politik gefordert sei: „Die Politiker sollten auf klare Signale aus der Bevölkerung reagieren, anstatt die Bürger verwalten zu wollen. Als Grundeinkommenspromotor habe ich in den zurückliegenden Monaten immer wieder Politiker getroffen, die sagen, dass sie sich für das Grundeinkommen interessieren. Aber es fehlt wohl die Zeit, sich ernsthaft auf das Thema einzulassen.".
Die Petition, initiiert von Susanne Wiest, wird nun den formalen Weg antreten: Dies meint, es wird nun ein Petitionsausschuß eingerichtet, alle betroffenen Ministerien geben Stellungnahmen ab sowie geladene Experten. Die Summe dieser Stellungnahmen wird dann dem Petitionsausschuß zugeführt, wobei auch die Petitionsbetreiber die Möglichkeit haben, ihr Anliegen argumentativ darzulegen. Es wird schließlich vom Petitionsausschuß eine sogenannte Beschlussempfehlung dem Bundestag vorgelegt, über die dieser schließlich abstimmen soll. Ein langwieriges Prozedere, weshalb beispielsweise Götz Werner darauf drängt, dass die Petition noch vor den Bundeswahlen Behandlung und Diskussion erfährt.
Tatsache ist, dass die Initiatorin Susane Wiest - Tagesmutter in Greifswald - den Nerv getroffen haben dürfte und breite Resonanz in der Bevölkerung fand. Keine Partei und keine "Groß- und Leitmedien" haben diese Petition unterstützt, es war und ist ein Phänomen der Basis und bewegter BürgerInnen. Hier sehen auch einige professionelle Netzwerke und NGOs recht alt aus. Subkutan dürfte da etwas in Bewegung geraten sein.
Der Sprecher Stefan Wolf der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE erklärt: "Mit über 50.000 Unterzeichnenden ist die Petition an den Deutschen Bundestag zum bedingungslosen Grundeinkommen ein großer Erfolg. Die zahlreiche Unterstützung zeigt, dass die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens von sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern befürwortet wird.". Wolf hebt hervor, dass es von DIE LINKE keine einheitliche Stellungnahme bis dato vorliegt.
Vom Start weg unterstützt die Arbeitsgemeinschaft "genug für alle" und Attac Deutschland die Petition nicht: Man befürchte eine Abstimmungsniederlage: "...die AG genug für alle von attac Deutschland (unterstützt) die Petition nicht. Wir anerkennen die Absicht der Initiatorin und der UnterzeichnerInnen, die Idee des bedingungslosen Grundeinkommen zu befördern, befürchten aber, dass sie ihr mit dem gewählten konkreten Mittel der Bittstellung an de Deutschen Bundestag letztlich eher schaden als nützen." und argumentieren weiter: "Wir halten es nicht für sinnvoll, Abstimmungen zu erzwingen, wenn man weiß, dass man sie verlieren wird. Besser ist es, so lange für eine Idee zu werben, bis sie mehrheitsfähig ist." Dem haltet die Initiatoren Wiest sinngemäß entgegen, dass der Mauerfall ebenso als unrealistisch betrachtet wurde dereinst. Und man kann auch fortführend argumentieren, dass im Jänner 2008 kaum jemand ernsthaft gedacht hat, dass Barack Obama US-Präsident wird.
Grundsätzlich erfährt vom Verein Mehr Demokrarie e.V., dass man mit dem Instrument Petition grundsätzlich ein Problem habe, denn es sei ein Bittstellerinstrument und habe etwas von Gnadenrecht, so das Büro Mehr Demokratie e.V. heute gegenüber den Glocalist Medien.
Zu der Petition zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Armutsforscher und Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/ Die Grünen wenige Tage vor der Zeichnungsfrist am 17.2.: "Über das Grundeinkommen muss endlich auch im Bundestag debattiert werden. Die Zahl von über 40.000 Unterstützerinnen und Unterstützern der aktuell laufenden Petition an den Deutschen Bundestag „Reformvorschläge in der Sozialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“ zeigt, wie breit die Unterstützung in der Bevölkerung für ein Grundeinkommen ist.", hält aber die gewünschten Eckdaten der Petition für nicht finanzierbar, sieht aber eine Debatte mehr als lohnend an.
Eine aktuelle Stellungnahme war bis dato aber vom Bündnis 90/Die Grünen nicht zu erhalten, wurde aber den Glocalist Medien zugesichert. Von den Fraktionen SPD, CDU, CSU, FDP liegen ebenfalls keine Stellungnahmen vor. Es kann entweder als Lähmung oder als Ignoranz interpretiert werden, jedenfalls ist es sehr erstaunlich, dass zur ersten erfolgreich initiierten Petition die Parteien beharrlich bis dato schweigen. Offensichtlich tun sich Parteien, aber nicht nur diese, mit einem individuell getragenen Anliegen einer Bürgerin schwer.
Begründung zur Einreichung von Susanne Wiest (Hannover am 29.1. in Hannover) >> www.youtube.com/watch