Russen stehen auf Steinmeier
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So dankbar Russland auch für das Engagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestags-Wahlkampf um den Verkauf von Opel-Anteilen an die staatliche russische Sberbank ist - an der Moskwa ist SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier der Favorit. "Steinmeier steht für die Fortsetzung von Schröders Politik", sagt der Deutschland-Experte Andrej Sagorski von der Moskauer Staatlichen Hochschule für Internationale Beziehungen. Schon im Juni wurde der Außenminister in Moskau empfangen wie ein Regierungschef. Der einstige Wegbegleiter von Ex-Kanzler Gerhard Schröder lässt auch Russlands Medien von der «goldenen Ära» der SPD-Regierung schwärmen.
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"Wie Schröder, der Russlands wichtigster Freund im Westen ist, gilt Steinmeier als Verfechter pragmatischer und wohlmeinender Beziehungen mit Russland, ohne immer wieder nach Washington zu schauen wie es Angela Merkel tut", schrieb die Zeitung "Iswestija" nach der Nominierung Steinmeiers vor einem Jahr. Ein Fortbestehen der großen Koalition sei im Grunde besser für Russland als Schwarz-Gelb, meint Sagorski.
"Störungen" vermeiden
"Aber auch eine Regierung mit den Liberalen wäre keine Katastrophe für uns", betont der Wissenschaftler. Merkel stehe für Kontinuität in den Beziehungen beider Länder. Allerdings befürchtet die russische Elite, dass der Ton zwischen Moskau und Berlin unter einer CDU-FDP- Regierung rauer werden könnte. Russland möchte solche möglichen "Störungen" des Verhältnisses vermeiden.
Deutschland für Russland sehr wichtig
Merkels Kritik an der Verletzung von Menschenrechten in Russland, der Ermordung russischer Journalisten und Demonstrationsverboten stößt dem Kreml stets bitter auf. Gleichwohl pflegt Merkel mit Kremlchef Dmitri Medwedew bei diesen Fragen einen sachlicheren Dialog als mit dem russischen Regierungschef Wladimir Putin, der mit der russisch sprechenden Kollegin aus Ostdeutschland so manchen Strauß auszufechten wusste.
Deutschland gilt für Russland als wichtigster Anwalt, wenn es um russische Interessen in der Europäischen Union und in der Nato geht. Die Gas-Großmacht Russland wiederum ist für Deutschland längst nicht mehr nur wichtiger Energielieferant. Moskaus Medien werteten es zuletzt gar als indirekte Unterstützung für Merkels Wahlkampf, als ein russischer Investor die Wadan-Werften in Rostock übernahm und nun auch die Sberbank an der Rettung von Opel beteiligt werden soll.
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Merkel und Medwedew hatten sich im August auch bei einem Treffen im Schwarzmeer-Kurort Sotschi für russische Investitionen in Deutschland ausgesprochen. Gleichwohl musste die Bundesregierung hinnehmen, dass ihr Einfluss auf die innenpolitische Entwicklung in Russland gegen null tendiert. So hat auch Deutschland etwa keine Freilassung des Kreml-Kritikers und Ex-Milliardärs Michail Chodorkowski erreicht. Der Ex-Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos muss in seinem zweiten Moskauer Verfahren wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen mit lebenslanger Haft rechnen.
"Nicht uninteressante Angelegenheit
In Moskau geht derweil niemand davon aus, dass sich nach dem Wahltag am 27. September etwas grundsätzlich ändern wird in den russisch-deutschen Beziehungen. Beide Seiten setzen bei den Verhandlungen über ein neues EU-Partnerschaftsabkommen mit Russland ebenso auf Zusammenarbeit wie bei der Umsetzung der geplanten Ostsee- Pipeline Nord Stream und bei weiteren Energie- und Wirtschaftsprojekten. Schon im Juni meinte Kremlchef Medwedew, die Bundestagswahl sei "eine nicht uninteressante Angelegenheit".
(dpa, N24)
16.09.2009 10:05 Uhr