Samstag, 28. Februar 2009
Opel will MilliardenRegierung skeptisch
http://www.n-tv.de/1111707.html
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die Möglichkeit von Staatshilfen für den angeschlagenen Autobauer Opel weiter offen. Das vorgelegte Konzept werde noch geprüft, sagte Merkel. Ohne eine genaue Prüfung sei eine Unterstützung nicht möglich. So sei etwa zu entscheiden, ob es eine positive Prognose für das Unternehmen gebe und ob sich Banken bei Opel engagieren wollten. Für Staatshilfen für Unternehmen gebe es in der Bundesregierung "sehr klare Maßstäbe", führte Merkel weiter aus. So sei etwa zu prüfen, ob die Schwierigkeiten des jeweiligen Unternehmens auch durch die Krise entstanden seien und ob es zukunftsfähig weitergeführt werden könne.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat in der Diskussion über staatliche Hilfe für den Autohersteller Opel Sachlichkeit angemahnt. "Bei Opel geht es nicht um die Frage, ob wir uns an einem romantischen Begriff aus reiner Nostalgie festhalten wollen, sondern darum, ob wir eine Unternehmensstruktur vorfinden, die dauerhaft tragfähig ist", sagte er der "Bild am Sonntag". "Wir würden uns alle freuen, wenn Opel am Markt bleiben würde. Das kann aber nicht der Staat allein bewerkstelligen."
Guttenberg telefonierte am Samstag mit den Regierungschefs der vier Bundesländer mit Opel-Standorten. Seinen Angaben zufolge hatten die Gespräche aber lediglich informellen Charakter und sollen fortgesetzt werden.
Konzept vorgelegt
GM Europe hatte am Freitag nach Beratungen mit den Arbeitnehmern einen Rettungsplan vorgestellt, der die Herauslösung von Opel aus dem angeschlagenen US-Mutterkonzern General Motors vorsieht. Dieses Konzept will Guttenberg von Montag an prüfen.
Einem Pressebericht zufolge ist die Bundesregierung offenbar bereit, sich mit bis zu fünf Mrd. Euro an einer Opel-Rettung mit dem Ziel eines aus General Motors herausgelösten europäischen Opel-Modells zu beteiligen. Voraussetzung sei aber, dass ein seriöser Überlebensplan für eine europäische Lösung vorgelegt werde, berichtete die "Leipziger Volkszeitung" unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin. Die von Opel genannten 3,3 Mrd. Euro öffentlichen Finanzierungsbedarfs seien "vermutlich ebenso wenig zukunftsfest wie das ganze Kurz-Modell", betonten demnach die Regierungskreise. Ein Regierungsmitglied sprach gegenüber dem Blatt von einem "Witz, mit dem General Motors hintenherum an staatliches Geld will". Selbst bei einer erfolgreichen Sanierung rechne man mit dem Verlust von bis zu 8000 Arbeitsplätzen.
VW-Chef gegen Hilfe
Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sprach sich gegen Staatshilfen für den Rivalen Opel aus. "Der Staat darf nicht zur Rettungsgesellschaft für Firmen werden, denen möglicherweise der Bankrott droht", sagte Winterkorn dem "Spiegel". Bürgschaften der öffentlichen Hand hält der VW-Manager "punktuell" und für einen begrenzten Zeitraum zwar für legitim. Aber eine Rettung eines angeschlagenen Unternehmens mittels Staatshilfen lehnt Winterkorn ab. "Der Staat sollte sich raushalten."
Winterkorn ergänzte, er könne "nicht beurteilen", ob Opel der Konkurs drohe. "Das wäre natürlich zu bedauern". Er wisse nur, dass die Trennung vom US-Mutterkonzern General Motors nicht so einfach sei "bei der engen Vernetzung, die über Jahre gewachsen ist".
Dagegen warnt Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes vor negativen Auswirkungen für die Autobranche, sollte Opel nicht überleben. "Wir müssen die Stabilität der Industrie erhalten", sagte Mattes dem "Focus". "Ich habe kein Interesse daran, dass ein großer Anbieter ausfällt. Dessen Bestellungen gehen den Zulieferern verloren und das verursacht große Spannungen in der Hersteller-Lieferanten-Kette".
Daimler-Manager in Eisenach
Die "Leipziger Volkszeitung" berichtet zudem, dass ein Verkauf des Opel-Werks in Eisenach an Daimler wahrscheinlicher werde. Daimler-Manager hätten das Werk bereits besichtigt. Das Blatt beruft sich auf Regierungskreise. In Eisenach wird der Kleinwagen Corsa gebaut. Bereits am Freitag hatte die "Financial Times Deutschland" berichtet, Opel prüfe einen Verkauf des Werkes in Eisenach. Es habe bereits Gespräche mit Daimler gegeben.
Inoffiziell wurde jedes Interesse am Eisenacher Opel-Werk von Daimler am Freitag zwar dementiert. Am Samstag meldete allerdings auch die "Thüringer Allgemeine", dass es intensive Gespräche zwischen GM und Daimler gebe. Demnach erwägt Daimler, das derzeit in Ungarn geplante Werk von Mercedes eventuell zu stoppen und die Fertigung nach Eisenach zu verlagern. Die "Thüringer Allgemeine" beruft sich auf "Wirtschaftskreise".
Mercedes plant demnach mit einem Investitionsvolumen von 800 Millionen Euro in Kecskemt in der ungarischen Puszta den Bau der nächsten Generation der A- und B-Klasse. Die ersten Autos aus dem neuen ungarischen Daimler-Werk sollten ursprünglich 2011 auf den Markt kommen. Die Frage sei, ob das Projekt zeitlich noch zu stoppen sei, so die Zeitung weiter.
Opel ist nicht systemrelevant
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, warnte vor einem Einstieg des Bundes oder der Länder bei Opel. Die Forderung nach einer Staatsbeteiligung sei "das falsche Signal", sagte Braun der "Leipziger Volkszeitung". Wenn sich GM wie angekündigt am Sanierungskonzept beteilige, stiegen die Chancen, private Investoren von einem Einstieg überzeugen zu können. "Das wäre der richtige Weg, um an das erforderliche Kapital zu kommen", meinte Braun. Bundesregierung und Bundesländer dürften das allenfalls mit Bürgschaften unterstützen.
Ähnlich äußerte sich EU-Industriekommissar Günter Verheugen. Anders als bei Banken würde die Pleite eines Industrie-Unternehmens keine Kettenreaktion auslösen. "In diesem Sinne ist Opel nicht systemrelevant, Porsche ist es nicht und auch nicht Daimler. Das wäre nicht einmal bei Volkswagen der Fall", sagte Verheugen der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Immer gebe es Wettbewerber, die in die Lücke springen könnten.
Attacke gegen Sarkozy
Verheugen wies zudem die französische Forderung nach einem EU-Rettungsplan für die Autoindustrie zurück. "Wenn Präsident Sarkozy sagen könnte, wo im Gemeinschaftshaushalt Mittel zur Verfügung stehen, die wir in die Automobilindustrie pumpen könnten, wäre ich außerordentlich dankbar", sagte er. "Wir haben keinen einzigen Euro für diesen Zweck."
Für Beihilfen seien die Mitgliedsstaaten zuständig und sollten mit dieser Möglichkeit verantwortungsvoll umgehen, forderte Verheugen. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte mit protektionistischer Rhetorik in den vergangenen Wochen für Streit in der EU gesorgt. Die EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Sonntag in Brüssel zu einem Sondergipfel, um sich im Kampf gegen die Wirtschaftskrise besser abzustimmen.