Freitag, 20. Februar 2009

Vaclav Klaus polarisiert das Europa-Parlament

http://www.derwesten.de/nachrichten/politik/2009/2/19/news-111827018/detail.html

 

Politik, 20.02.2009, Knut Pries

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Brüssel. Am Donnerstag war der tschechische Präsident Vaclav Klaus zu Besuch bei der EU, wo ihn die meisten Abgeordneten, Funktionäre und Diplomaten für Europas Problembären Nummer eins halten. Klaus gab sich redlich Mühe, dem gerecht zu werden.

Wenn man Vaclav Klaus zuhört, drängt sich der Eindruck auf: Die EU ist das Hinterletzte. Andererseits sagt der Präsident auch: Tschechien muss in der EU bleiben. Wie passt das zusammen? Da grinst der Herr Klaus verschmitzt: „Wer in Europa ein guter Kerl sein will, muss in der EU sein. Und ich will ja kein schlechter Kerl sein...“ Das glaubt ihm in Brüssel nicht jeder.

Am Donnerstag war Klaus zu Besuch bei der EU, wo ihn die meisten Abgeordneten, Funktionäre und Diplomaten für Europas Problembären Nummer eins halten. Klaus gab sich redlich Mühe, dem gerecht zu werden. Der radikalliberale Tscheche mit dem Silberschnauz ist - neben der Lichtgestalt Vaclav Havel - Tschechiens wichtigster Politiker der nach-kommunistischen Zeit. Im Gegensatz zu Havel hält er freilich nicht nur den Klimawandel für hysterischen Humbug, sondern auch die EU, die spätestens mit dem Maastricht-Vertrag (Währungsunion) den Pfad der Tugend verlassen habe. Der Lissabon-Vertrag, der gegenwärtig in Tschechien mühsam durch die Ratifikation rumpelt, sei vollends vom Übel.

Klaus: „Union der Völker“ ist ein „Irrweg“

So hat er es den Abgeordneten persönlich hingerieben: Die Kluft zum Bürger werde immer größer, das Ziel einer „immer engeren Union“ der Völker sei ein Irrweg, der Markt werde „unterdrückt“, und das EU-Parlament sei gar kein richtiges, weil es keine Opposition gebe, und „ohne Opposition gibt es keine Freiheit“. Das kam an wie erwartet: Einige Dutzend euroskeptische Parlamentarier zollten heftigen Beifall, die Mehrheit buhte nach Kräften, ein Trüppchen Erregter verließ den Saal.

Klaus hat das gut gefallen. „Perfekte Stimmung“, verkündete er anschließend auf einer Pressekonferenz. „Wenn ich leeres Schweigen hätte erleben müssen, wäre ich beleidigt gewesen.“ Die pro-europäischen Parteien waren nicht ganz einig, wie ernst sie den hohen Gast – immerhin Repräsentant des derzeitigen EU-Vorsitzenden Tschechien – nehmen sollten. Der SPD-Mann Jo Leinen beklagte schwerblütig, dass Klaus „innerlich noch nicht in der Europäischen Union angekommen“ sei. Die Linke lieferte die wenig überraschende Analyse, eine EU à la Klaus sei eine „marktradikale Freihandelszone“. Die Grünen schlugen den Mann für einen Karnevalsorden vor.

Fragt sich nur, wie viel gute Laune er noch verbreiten wird. Die von Klaus schwer genervte Regierung in Prag versichert stets, die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags werde letztlich am Präsidenten nicht scheitern. Bei diesem selbst klingt das anders. Ob er am Ende unterschreiben werde? „Ein Schachspieler kündigt seinen nächsten Zug nicht vorher an.“

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