Freitag, 20. Februar 2009

Der Film: Let’s make MONEY


http://www.letsmakemoney.at/derfilm/dasthema.html

Let’s make MONEY folgt dem Weg unseres Geldes, dorthin wo spanische Bauarbeiter, afrikanische Bauern oder indische Arbeiter unser Geld vermehren und selbst bettelarm bleiben. Der Film zeigt uns die gefeierten Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen. Zu sehen sind Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre ein fremdes Land abgrasen, solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Wir erleben die allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit unserem Geld angerichtet wird.
Der Film zeigt uns mehrere Ebenen des Finanzsystems. Wir erfahren auch, warum es auf dem Globus zu einer unglaublichen Geldvermehrung gekommen ist. Wir lernen deren Konsequenzen für unser Leben kennen. Täglich werden Milliardensummen, die möglichst hoch verzinst werden sollen, mit Lichtgeschwindigkeit um den Globus transferiert. Let’s make MONEY zeigt uns einige Zwischenstationen dieser Geldvermehrungsreise, wie die Schweiz, London oder Jersey. Warum ist die Kanalinsel das reichste Land Europas? Steueroasen nutzen Konzerne und Reiche, um Steuern zu sparen. Bislang hat die Politik dies nicht verhindert. Dabei setzten die Regierungen die Spielregeln für das weltweite Geldsystem fest. Seit den 70er Jahren erleichterten sie den Geldfluss und schufen so die Grundlage für den Boom der weltweiten Finanzindustrie mit ihren Zentren in London, New York oder Frankfurt. Es ging dabei immer um Interessen von wenigen Mächtigen. So konnten der Internationale Währungsfonds und die Weltbank vielen Entwicklungsländern eine Privatisierung von Altersvorsorge, Stromerzeugern oder Baumwollfabriken aufzwingen, nachdem deren Regierungen durch eine hohe Verschuldung erpressbar geworden waren. Dies eröffnet neue Anlagemöglichkeiten für unser Geld. Doch dieser „Ausverkauf“ von sozialen Errungenschaften wie Gesundheitssystem, Pensionswesen, Energieversorgung und öffentlicher Verkehr passiert nicht nur in der fernen „dritten“ Welt. Wir alle sind direkt davon betroffen. Und genau davon handelt der Film: Wir erleben keine Finanzkrise, sondern eine Gesellschaftskrise – die wir mit unserem Geld beeinflussen können.


Lassen Sie Ihr Geld arbeiten
Der Film beginnt in der Ahafo Mine in Ghana, Westafrika. Riesige Areale werden gesprengt. In einem mühsamen Prozess wird dem Gestein Gold entnommen, eingeschmolzen und dann direkt in die Schweiz geflogen. Der Verteilungsschlüssel ist klar: 3% für Afrika, 97% für den Westen. Die Mine entstand mit Unterstützung der Weltbank.
In Singapur ist Dr. Mark Mobius unterwegs, der Präsident von Templeton Emerging Markets, die den derzeit größten EMFond der Welt mit ca. 50 Milliarden Dollar verwalten. In Finanzkreisen der Guru schlechthin, auch „Father of the Emerging Markets“ genannt, hält Mobius den Trend zur Globalisierung grundsätzlich für positiv. Durch die Investitionen in die Emerging Markets verdienten sie dort das Geld, das sie dann in den Westen transferieren: „Ich glaube nicht, dass ein Investor verantwortlich ist für die Ethik, für die Verschmutzung oder das, was eine Firma verursacht, in die er investiert. Das ist nicht seine Aufgabe. Seine Aufgabe ist zu investieren und Geld für seine Klienten zu verdienen.“ In der indischen 8-Millionen- Stadt Chennai (früher Madras) ist die Armut, in der mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebt, nicht zu übersehen.

Menschen hausen auf den Straßen, am Strand und an den Ufern der Kloaken, die einstmals Flüsse waren. Mirko Kovats, einer der reichsten österreichischen Industriellen, der in seiner Heimat eine gewisse Berühmtheit erlangte für die vielen Konkurse, die er hinlegt, beschwört die Relikte der Kolonialzeit: „Hier schreit keiner nach dem Staat, hier ist Selbsthilfe angesagt, hier geht’s nur um die Wirtschaft.“ Londoner Investoren, die Gelder von Pensionskassen und Versicherungen verwalten, investieren hier. Der Wettbewerb zwinge zu einer Vielzahl von unangenehmen Maßnahmen, so Kovats, „aber wir sind unter dem Druck der Globalisierung und wir müssen uns bewähren gegen die Leute, die sehr wenig verdienen, die um ihr Leben arbeiten müssen. Selbstverständlich wird die Arbeitszeit steigen und ich gehe davon aus, dass diese Mehrarbeitszeit auch in Zukunft nicht bezahlt wird.“

Und vor der glitzernden Skyline von Singapur erklärt Mark Mobius noch einmal wie man zu Geld kommt: „Es gab einen berühmten Ausspruch, dass die beste Zeit zu kaufen ist, wenn das Blut auf den Straßen klebt. Ich füge hinzu: Auch wenn es dein eigenes ist. Denn wenn es Krieg, Revolution, politische Probleme und Wirtschaftsprobleme gibt, dann fallen die Preise von Aktien und jene Leute, die an diesem Tiefpunkt kauften, haben jede Menge Geld gemacht.“


Von langer Hand geplant
Gerhard Schwarz, seit 14 Jahren Leiter der Wirtschaftsredaktion der Neuen Zürcher Zeitung und nebenamtlich Präsident der Friedrich August von Hayek Gesellschaft fährt mit der Bahn auf den Mont Pelerin, den Pilgerberg in der Nähe von Vevey in der Schweiz, auf dem 1947 in einem der Luxushotels die Mont Pelerin Society (MPS) gegründet wurde. Hayek hatte 36 Intellektuelle eingeladen, über Liberalismus in Theorie und Praxis zu diskutieren. „Das Ziel der Gründer war“, so Schwarz, „ein intellektuelles Netzwerk aufzubauen. Man wollte nicht in die Politik hineingehen, sondern mit Ideen die Politik beeinflussen. Berühmt wurde die Mont Pelerin Society dann in den 80er Jahren mit Ronald Reagan. In seiner Regierung und in seinem Beraterteam waren viele amerikanische Mitglieder der MPS, man spricht von streckenweise 20 oder mehr Mitgliedern, und etwa zur gleichen Zeit hat natürlich auch Mrs. Thatcher sich stark auf die Ideen von Friedrich August von Hayek und von verschiedenen britischen Mitgliedern der MPS gestützt.“

In einem Londoner Taxi sitzt der Finanzökonom John Christensen und erläutert warum die „City of London“ zum größten Finanzzentrum der Welt wurde. In den 70er Jahren hatte die britische Regierung, die mit einer dramatischen Krise der verarbeitenden Industrie konfrontiert war, versucht, London zum vorherrschenden Finanzplatz zu machen, indem sie die Kontrollen über die dort operierenden Banken und Finanzinstitute drastisch reduzierte. „Noch entscheidender war“ so Christensen, „dass die Banken die Möglichkeit erhielten, viele ihrer Transaktionen ‚offshore’ abzuwickeln, an Finanzplätzen wie Jersey, Guernsey oder der Isle of Man und noch einige in der Karibik wie die Kaiman-Inseln und die britischen Jungferninseln. Das Ziel bestand darin, es britischen Banken zu ermöglichen, Kapital aus der ganzen Welt in die City of London fließen zu lassen und ihr dadurch Zugang zu preiswertem Kapital zu ermöglichen.“

Der Neoliberalismus Hayekscher Prägung fand in US-Präsident Ronald Reagan und der britischen Regierungschefin Margret Thatcher begeisterte Verfechter. John Christensen erklärt die vier Grundsätze und Schlüsselelemente des Neoliberalismus im Sinne der Mont Pelerin Society, den der Internationale Währungsfonds und die Weltbank in den 70er Jahren zum Kern ihrer Politik erhoben: „Das erste Element bestand in einer Deregulierung der Finanzmärkte auf der ganzen Welt. Kapital sollte sich frei von einem Land zum anderen bewegen können. Der zweite Teil bestand in einer Liberalisierung der Handelsströme. Es ging darum, Handelsbarrieren abzuschaffen, die sehr sorgfältig im Laufe vieler Jahrzehnte von Entwicklungsländern errichtet worden waren, um ihre eigenen wachsenden Industrien zu schützen. Das dritte Element bestand in einer völligen Abschaffung des Staates, um die Interventionsmöglichkeiten des Staates zu reduzieren. Anders gesagt, wurden die Steuereinnahmen so reduziert, dass die Staaten nicht mehr einschreiten konnten, um ihre Bürger zu schützen. Und das vierte Element verlangte von den Staaten, ihre Industrien zu privatisieren. Dabei wurde mehr oder weniger sichergestellt, dass die Industrien unter ihrem Wert an fremde Kapitalanleger verkauft wurden. Dies sind die vier politischen Druckmittel, die vom Internationalen Währungsfond und der Weltbank angewandt werden und die Neoliberalismus genannt werden.“


Steigende Guthaben, Steigende Schulden
Burkina Faso/Afrika. Als Ergebnis der jahrzehntelangen Baumwoll-Monokultur hat die Erosion die Böden fast vollkommen zerstört. Yves Delisle, in Genf ausgebildeter Agronom, bilanziert: „Die Baumwolle ist weg. Das Geld von der Baumwolle ist weg. Zurück bleibt dieser Boden, auf dem nichts mehr wächst.“ In 20 Jahren Arbeit mit den Bauern hat er keine Verbesserung der Situation festgestellt.
Die Menschen verdienen weniger als den Gegenwert von 50 Euro – im Jahr. Die Baumwolle hat die beste Qualität und die niedrigsten Produktionskosten der Welt. Trotzdem erzielt sie auf dem Weltmarkt keinen Ertrag. Francis Kologo von der Sofitex beklagt: „Die USA subventionieren jedes Jahr ihre Baumwolle mit rund 3 Milliarden Dollar. Wenn die Amerikaner liberal sind, warum subventionieren sie dann ihre Baumwollproduktion? Sie machen selbst Protektionismus und verlangen von uns Liberalismus.“

Laut UNO ist Burkina Faso das viertärmste Land der Welt. 40% der Kinder gehen nicht zur Schule. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 42 Jahren. Wenn der Westen seine Baumwoll-Subventionen nicht stoppe, meint Francis Kologo, seien seine Landsleute gezwungen auszuwandern: „Jeder Burkinabe, der heute geboren wird, hat schon hohe Schulden. Selbst der, der erst in 25 Jahren geboren wird. Wenn wir keine Baumwolle machen, dann wird jeder Afrikaner aus Burkina – aber auch aus Mali, Benin und anderen Ländern – nach Europa auswandern. Wir haben keine andere Wahl. Wir werden bei Euch einfallen, mit Sicherheit. Wenn wir auswandern, können sie ruhig 10 Meter hohe Mauern bauen. Wir werden trotzdem nach Europa kommen.“

Gerhard Schwarz, der Leiter der Wirtschaftsredaktion der Neuen Zürcher Zeitung sieht die Migrationsproblematik anders: „Alle Liberalen dieser Welt sind der Meinung, dass Grenzen offen sein sollten für Güter, für Geld und für Dienstleistungen. Schwieriger wird es bei Menschen. Da muss man sich überlegen, ob man nicht eine Art Eintrittspreis verlangen müsste, so wie man eben in einem Club auch Eintrittspreis verlangt. Wer in einen Tennisclub eintritt, muss in der Regel einen Eintrittspreis zahlen, nicht nur eine monatliche oder jährliche Gebühr wie die Steuern, sondern er muss einen Eintrittspreis zahlen, weil die Vorgänger, die schon da sind, das Clubhaus aufgebaut haben, die Plätze aufgebaut haben, und damit ein Neuer von etwas profi tiert, zu dem er nichts beigetragen hat.“


Die Enteignung der Gemeinschaft
Seit ca. 20 Jahren, erklärt Werner Rügemer von der Universität Köln, seien große Investoren, Banken und Fonds dazu übergegangen, sich in öffentlichen Sachwerten geradezu fest zu krallen. Und zwar in den Sachwerten, hinter denen letztlich doch der Staat steht – die Bürger, die ihre regelmäßigen Mieten, ihre Wassergebühren usw. bezahlen müssen. Das sei der Sinn der Privatisierung.
Rügemer sitzt in einer jener gemütlichen Wiener Straßenbahnen, von denen jeder annehmen würde, dass sie im Besitz der Stadt Wien sind und stellt klar: „Diese Straßenbahn gehört einem amerikanischen Investor. Vor ein paar Jahren hat der Stadtrat von Wien beschlossen, seine Straßenbahnen an amerikanische Investoren zu verkaufen. Dafür hat’s viel Geld gegeben, über 1 Milliarde Dollar – aber das hat die Stadt Wien gar nicht bekommen. Das ist weitergeleitet worden an englische und andere Banken, und die ... zahlen dann für die Stadt Wien viele Jahre lang Leasingraten an den amerikanischen Investor, damit die Stadt Wien die verkauften Straßenbahnen wieder benutzen darf. Das muss man sich mal vorstellen!“

Hermann Scheer, Bundestagsabgeordneter und Träger des Alternativen Nobelpreises, sieht die Tendenz zur Privatisierung mit großer Skepsis: „Privatisierung kommt von privare, ein lateinisches Wort mit der Bedeutung ‚berauben‘. Wenn nun eine Privatisierung stattfindet, dann werden Gemeinschaftsgüter von privaten Interessenten aufgekauft – oder sogar verschenkt ... und das ist nichts anderes, als eine Beraubung der Gemeinschaft.“ Werner Rügemer erklärt, dass das „kuriose Konstrukt Cross Border Leasing“ in großem Umfang praktiziert wurde. Auch die Österreichische Bundesbahn habe ihre Züge an amerikanische Investoren verkauft, zahlreiche Städte, z.B. Innsbruck, ihre Stadtwerke. Eine Praxis, die im Zuge der Globalisierung natürlich nicht nur in Österreich stattfand. Dass Politiker Praktiken wie Cross Bordering absegnen, führt Hermann Scheer in erster Linie auf die Unwissenheit der Beteiligten zurück. „Und diejenigen, die es wissen, haben nur noch einen kurzen Karrierezeitraum im Blick – nach mir die Sintflut. Und dieses radikale Kurzzeitdenken, d.h. nicht mehr das Denken in längerfristigen Verantwortungskategorien, weil es dann von anderen abgearbeitet werden muss, was sie selbst hinterlassen, ist typisch für das gesamte Neoliberale Zeitalter. Im Neoliberalen Zeitalter ist alles verkürzt, alles, das gesamte Denken und Handeln verkürzt auf die aktuelle Erzielung einer höchstmöglichen Rendite, koste es was es wolle.“


Im Namen der Freiheit
Washington D.C., USA. Gleich gegenüber der Weltbank versorgt Martha’s Table Obdachlose mit Suppe - viele von ihnen einst gut situierte Leute, deren Rente nicht zum Leben reicht. In West Palm Beach, Florida, gibt der US-Bürger und erfolgreiche Buchautor John Perkins Einblick in seinen ehemaligen Beruf als Wirtschaftskiller (Economic Hit Man) des Geheimdienstes. Ihre Arbeitsweise ähnele denen der Mafia, nur seien ihre Methoden professioneller und ihre Opfer Regierungen oder ganze Länder.

Perkins erzählt sehr freimütig: „Wirtschaftskiller suchen ein Land mit Ressourcen aus, mit denen unsere Firmen arbeiten. Erdöl zum Beispiel. Dann arrangieren wir einen riesigen Kredit für das Land von der Weltbank oder einer ihrer Schwesterorganisationen. Doch dieses Geld kommt nie in diesem Land an. Stattdessen fließt es an unsere Firmen, die dafür riesige Infrastrukturprojekte in dem Land abwickeln. Dinge, die wenigen Reichen in dem Land nützen sowie unseren Firmen. Doch den meisten Menschen bringen sie nichts, weil sie zu arm dafür sind. Doch die arme Bevölkerung muss nun riesige Schulden abtragen, so riesig, dass sie sie niemals zurückzahlen können. Doch bei dem Versuch, die Schulden zurück zu zahlen, kommen sie in eine Lage, wo sie sich weder Gesundheits- noch Ausbildungsprogramme leisten können. So sagen die Wirtschaftskiller zu den Leuten: Ihr schuldet uns viel Geld. Ihr könnt eure Schulden nicht bezahlen, also zahlt uns in Naturalien. Verkauft euer Öl billig an unsere Ölfirmen, stimmt bei der nächsten kritischen UNO-Abstimmung mit uns. Unterstützt unsere Truppen, z.B. im Irak. Auf diese Art und Weise gelang es uns, dieses Imperium zu schaffen. Denn Tatsache ist: Wir schreiben die Gesetze. Wir kontrollieren die Weltbank. Wir kontrollieren den Internationalen Währungsfonds. Wir kontrollieren sogar die UNO in hohem Maße. Wir schreiben also die Gesetze. Insofern tun Wirtschaftskiller nichts Ungesetzliches. Ländern große Schulden aufbürden und dann eine Gegenleistung verlangen, ist nicht verboten. Es sollte verboten sein, ist es aber nicht.“

Die USA verstanden es erfolgreich, dem Rest der Welt ihre Währung aufzuzwingen. Bis Anfang der siebziger Jahre war die Golddeckung der Währungen maßgeblich. 1971 hatten die USA besonders wegen des Vietnamkrieges einen riesigen Schuldenberg angehäuft und Richard Nixon wäre nicht in der Lage gewesen zu zahlen, wenn ein Gläubigerland sein Geld zurück gefordert hätte, da diese Schulden längst nicht mehr durch Gold gedeckt waren. Man beschloss, von der Goldbindung auf eine Erdölbindung umzusatteln.
Die USA bestanden darauf, dass die OPEC Erdöl nur gegen Dollar verkaufen durfte. Plötzlich war der Dollar nicht mehr an Gold gebunden, sondern an Erdöl – angesichts heutiger Ölpreise eine viel wichtigere Bindung. Die Welt konnte Erdöl nur noch mit Dollars bezahlen, was den Wert und die Bedeutung der amerikanischen Währung dramatisch erhöhte. John Perkins, der eine wichtige Rolle bei dem Pakt spielte, den die USA mit Saudi-Arabien schlossen, meint: „Auch heute sind die USA wieder ein bankrottes Land. Wir haben riesige Schulden, mehr als jemals ein anderes Land hatte. Wenn irgendeines der Länder sein Geld in einer anderen Währung als Dollar fordern würde, dann wären wir in großen Schwierigkeiten. Aber jetzt wollen alle ihr Geld in Dollar, weil Erdöl so ein wichtiges Produkt ist und man es nur in Dollar kaufen kann. Saddam Hussein drohte, Erdöl auch gegen eine andere Währung zu verkaufen. Kurz bevor er gestürzt wurde.“ Wenn es den Wirtschaftskillern einmal nicht gelinge, die Regierung eines Landes zu korrumpieren, würden die Schakale losgeschickt, erklärt Perkins. Und weiter: „Das sind Menschen, die Regierungen stürzen oder deren Führer ermorden. Als ich an Jaime Roldós in Equador und Omar Torrijos in Panama scheiterte, traten die Schakale auf den Plan und ermordeten sie.“ Nur in den seltenen Fällen in denen weder Wirtschaftskiller noch Schakale Erfolg hatten, werde Militär ausgeschickt. Laut Perkins ist genau das im Irak passiert. Hussein erwies sich als nicht korrumpierbar – zumindest nicht durch Wirtschaftskiller – und die Schakale erwischten ihn nicht. Im ersten Irakkrieg 1991 zerstörte amerikanisches Militär seine Armeen. Als er noch immer nicht nachgab, wurden abermals Wirtschaftskiller entsandt, die erfolglos versuchten, ihn weich zu klopfen. „Hätte er nachgegeben, würde er heute noch regieren. Wir würden ihm Flugzeuge und Panzer und sonst noch alles mögliche verkaufen“, meint Perkins, „aber er gab nicht nach und die Schakale konnten ihn nicht ermorden ... Als weder die Wirtschaftskiller noch die Schakale beim zweiten Mal Erfolg hatten bei Saddam Hussein, war der Augenblick da, wo wir wieder das Militär geschickt haben. Und diesmal haben wir ihn gestürzt. Der Rest ist Geschichte.“


Sinkende Löhne, steigende Gewinne
Anton Schneider, Partner eines mittelständischen Private Equity Fonds konstatiert, dass die Globalisierung in den vergangenen 10 bis 15 Jahren zu einer dramatischen Einkommensverschiebung geführt hat. Arbeiter und Angestellte konnten ihre Lohnforderungen nicht mehr durchsetzen und wurden durch die mit der Globalisierung entstandene Konkurrenzsituation erpresst, auch zu billigeren Konditionen zu arbeiten. Es fanden enorme Einkommensverschiebungen zu Gunsten des Kapitals statt und diese riesige Menge an Geld, die angelegt werden muss, hat eine neue Industrie auf den Plan gerufen: Die Industrie der Finanzdienstleister, der Investmentbanker, der Private Equity Fonds und der Hedgefonds. Die Private Equity- Industrie kaufe in der Regel Unternehmen mit relativ geringem Eigenkapitaleinsatz ein, finanziere den Kaufpreis durch Schulden und bringe diese dann ins gekaufte Unternehmen hinein, das dann sehr hohe Schulden und entsprechend weniger Geld für Investitionen zur Verfügung habe. Diese Praxis scheint zu funktionieren, solange die Konjunktur boomt oder die betroffenen Unternehmen sich gut aufgestellt hatten. „Aber,“ so Schneider weiter, „in vielen Fällen geht es nicht gut und die Kaufpreise sind in den letzten Jahren ins Unendliche gestiegen und wurden mit unglaublichen Fremdkapitalien finanziert.“ Die häufige Folge: Die Unternehmen können die Schulden nicht mehr bedienen, die Banken müssen die Kredite abschreiben. „Deswegen wird ja auch von den Heuschrecken gesprochen – ich glaube dieser Begriff trifft es in vielen Fällen sehr genau.“


Gewinne für wenige, Verluste für alle
Andalusien, Spanien. Riesige Hotelkomplexe, Wohnanlagen und eine schier unendliche Menge an Golfplätzen zersiedeln die Landschaft, zerstören Flora und Fauna – meistens genehmigt, oft genug jedoch illegal und in Naturschutzgebieten. Ist eine nachträgliche Legalisierung nicht möglich, werden die Investitionsruinen in der Regel nach vielen Jahren abgerissen – auf Kosten der Steuerzahler und die Investoren werden großzügig entschädigt. Kartograph Miguel Angel Torres beobachtet seit mehr als 18 Jahren die Bautätigkeit an der Costa del Sol: „Der Großteil der Wohnungen dient als Wertanlage. So können Immobiliengesellschaften, Unternehmen und europäische Banken mit einem jährlichen Profit von etwa 20% rechnen. Durch herkömmliche Geldanlage an der Bank oder an der Börse ist nur ein Durchschnittsprofit von 5 bis 6% zu erreichen.“ Dieser Prozess hat zu einer schnellen Bereicherung einiger weniger Investoren geführt und zigtausende von leer stehenden Immobilien geschaffen, die langsam aber sicher verrotten. Für die vielen illegalen Einwanderer, die hauptsächlich aus Afrika nach Spanien kommen, bieten die Bauruinen kein Obdach, aber Arbeit. Zu erbärmlichen Löhnen werden sie im Bausektor beschäftigt, der sein Schwarzgeld so über die eigenen Arbeiter wieder los wird.

Ramón Fernandéz Durán von der Universität Madrid meint: „Spanien ist eines der Länder, wo die Immobilienblase sich in den letzten 5 Jahren am intensivsten entwickelt hat. Man kann von einer gewaltigen Verstädterung in einem Zement- Tsunami sprechen, der die Küste und die Inseln überrollt. ... Das Ausmaß der Bebauung hat seine Grenzen erreicht. Von der gesamten Küste ist der erste Kilometer des Küstenstreifens bereits zu 80% verbaut. Man beginnt bereits, die letzten Naturräume zu besetzen.“ Schätzungen gehen von 3 Millionen leer stehenden Häusern/Wohnungen, oder? an Spaniens Küsten aus und von ca. 800 neu entstandenen Golfplätzen, die zur Erhaltung ihrer künstlichen Rasenfl ächen so viel Wasser verbrauchen wie 16 Millionen Menschen zum Leben. Die spanische Zentralbank hat große Teile ihrer Goldreserven verkauft und steht vorm Zusammenbruch.

Anton Schneider, der Private Equity Fond-Manager, meint: „Letztendlich wird das Geld der kleinen Leute dazu verwendet, die Wetten abzusichern, damit die Wettsysteme, also die Zocker, die da herumzocken, auch weiterhin ihre Basis haben, nämlich ihre Institute nicht bankrott gehen.“


Wie lange können wir uns die Reichen noch leisten
Die kleine britische Kanalinsel Jersey hält nach amerikanischen Schätzungen etwa 500 Milliarden Dollar an Privatvermögen. Das Kapital kommt von außerhalb und liegt auf den Sparkonten der Insel. In Wirklichkeit kommt das Geld gar nicht nach Jersey, es schwappt quasi einmal über die Insel hinweg und fl ießt dann weiter zu den größten Finanzzentren der Welt. Jersey ist ein Land mit besonders strengem Bankgeheimnis. Finanzökonom John Christensen erklärt, wie Jersey hilft, Steuern zu sparen: „Eine typische Struktur für Steuerumgehung oder Steuerflucht besteht aus einem in Jersey gegründeten Trust, der eine Firma in Luxemburg besitzt. Die hätte dann ein Konto auf den Kaiman-Inseln, in der Schweiz oder in London. Jedenfalls hat man drei verschiedene Rechtssysteme. ... So wird es praktisch unmöglich festzustellen, wer hinter diesem Trust steht, wem wirklich die Firma gehört und wer wirklich das Bankkonto besitzt.“ Der Welthandel wird zu großen Teilen über Steuerparadiese abgewickelt, um das Kapital aus dem Land zu bringen, in dem die Wertschöpfung stattfand. Sie ermöglichen nicht zuletzt eine massive Kapitalfl ucht aus Entwicklungsländern und in den meisten Fällen fließt das Kapital nie wieder zurück. Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass für jeden Dollar Entwicklungshilfe, der nach Afrika fließt, mindestens 10 Dollar unter dem Tisch aus dem Land heraus fließen.

John Christensen erklärt: „Man schätzt, dass derzeit 11,5 Billionen Dollar an Privatvermögen in Steuerparadiesen gehalten, von dort aus verwaltet und der Steuer vorenthalten werden. Was kann man sich unter 11,5 Billionen Dollar vorstellen? Nur um eine Vorstellung von der Dimension dieser Summe zu geben: Wenn dieses Geld auch nur einen kleinen Prozentsatz – sagen wir 7% – einbringt und dieses Einkommen bescheiden mit 30% besteuert würde, stünden den Regierungen der Welt zusätzlich 250 Milliarden Dollar zur Verfügung. Dieses Geld könnten sie jedes Jahr ausgeben, um die UN-Millenniumsziele zu erreichen.“ Und Hermann Scheer, der Bundestagsabgeordnete und Träger des Alternativen Nobelpreises warnt zum Schluss: „Wenn wir so weitermachen, dann kommen neue Selektionsmechanismen zwischen Staaten, zwischen Rassen, zwischen Religionen, zwischen berechtigten Menschen und unberechtigten, zwischen wertvollen und nicht wertvollen Menschen, dann wird der monetäre Wert des Menschen irgendwann in den Vordergrund geschoben und dann beginnt ein neues Zeitalter der Barbarei. Das ist unausweichlich.“