Amtlich: Kommunalwahlen in NRW werden verschoben
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(ch/18.2.2009-16:30) Von Christian Herse
Oberberg - Während Gero Karthaus das heutige Gerichtsurteil als Erfolg für die Demokratie feiert, sehen Bodo Löttgen und Klaus-Peter Flosbach in der äußerst knapp gefallenen Entscheidung eine Stärkung der Gerichte, warnen aber vor einer Missachtung der Kommunalpolitik - Entscheidung könnte Auswahlverfahren neu aufwirbeln - Für den Kreis entstehen zusätzliche Kosten in Höhe von rund 42.000 €.
[Als einen Erfolg der Demokratie bezeichnet Gero Karthaus die heutige Gerichtsentscheidung.]
Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen dürfen nicht gemeinsam mit der Europawahl am 7. Juni stattfinden. Das hat heute der Verfassungsgerichtshof des Landes in Münster entschieden. Die Oppositionsparteien von SPD und Grünen hatten gegen den von der Regierungskoalition vorgesehenen um drei Monate vorgezogenen Wahltermin geklagt. Das höchste NRW-Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Zeitraum zwischen der Kommunalwahl und dem Zusammentreten der neuen Räte mit über vier Monaten „unzulässig lang“ sei. Die bei den vorherigen Kommunalwahlen gewählten Landräte, Bürgermeister und Räte sind noch bis Oktober im Amt.
Der SPD-Landtagsabgeordnete und Kandidat für die Bürgermeisterwahl in Engelskirchen, Dr. Gero Karthaus, hat die heutige Entscheidung des NRW-Verfassungsgerichtshofes in Münster begrüßt: „Diese Wahltrickserei hat das oberste Gericht in unserem Land gestoppt. Die Kommunalwahl muss mit der Bundestagswahl am 27. September zusammengelegt werden. Ein zusätzlicher Wahltermin ist den Menschen im Super-Wahljahr 2009 nicht zuzumuten." Karthaus macht deutlich, dass ein zusätzlicher Wahltermin in ganz Oberberg auf erhebliche organisatorische und finanzielle Zusatzbelastungen hinausliefe. "Jeder Wahltermin bedeutet sehr viel Vorbereitung für die Verwaltungen. Alleine die ehrenamtlichen Wahlhelfer zu finden, wird immer schwieriger, ganz abgesehen von den Kosten eines zusätzlichen Urnengangs", gibt der SPD-Landtagsabgeordnete zu Bedenken. Alles andere als eine Zusammenlegung der Bundestags- und Kommunalwahl sei unsinnig, fördere die Wahlverdrossenheit und schade damit der Demokratie.
[Bodo Löttgen warnt davor, dass kommunalpolitische Themen nun in den Hintergrund gerückt werden.]
Bodo Löttgen zeigt sich vom Ausgang des Verfahrens überrascht: „Mit Vier zu Drei Stimmen haben sich offensichtlich auch die Richter schwer getan. Allerdings ist deutlich geworden, dass sie dem Wunsch der CDU und FDP, nach einer Zusammenlegung des Termins zur Entlastung des Wählers, grundsätzlich zustimmen.“ Lediglich die Tatsache, dass zwischen der Bürgermeisterwahl und dem Ende der vorherigen Legislaturperiode mehr als drei Monate liege, habe den Richtern missfallen. Merkwürdig findet er jedoch, dass sich das Verfassungsgericht nur auf die Meinung eines Sachverständigen berufe, während alle anderen eingesetzten Experten, die keine rechtlichen Probleme in der vorgezogenen Zusammenlegung sahen, kein Gehör fanden. Löttgen warnt davor, den Termin der Kommunalwahlen mit den Bundestagswahlen an einem Datum durchzuführen oder nicht genug loszukoppeln, da dies zu einer Überlastung des Wählers führen könne. „Es besteht durchaus die Gefahr, dass die Kommunalpolitik gegenüber den bundesdeutschen Themen zu wenig Beachtung findet und damit ins Hintertreffen gerät“, so der Landtagsabgeordnete. Dies werde der Bedeutung der Wahlen und auch der Anerkennung der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer nicht gerecht.
Ähnlich sieht dies auch sein Parteikollege in Berlin, Klaus-Peter Flosbach: „Wir müssen jetzt schauen, wie es weitergeht. Die Änderung des Wahltermins ist für die Region sehr entscheidend, da dies teilweise komplett neue Voraussetzungen schafft.“ So müsse erneut geschaut werden, wer zu den Wahlen zugelassen wird und im schlimmsten Fall müssen die Aufstellungsverfahren der Parteien erneut stattfinden. Dennoch hält er den „Sieg der Gerichte“ für richtig, da dies zeige, dass die Justiz weiterhin unabhängig von der Landesregierung reagiere und agiere. „Die Zusammenlegung des Wahltags wurde bereits vorher juristisch geprüft und stellte keine Probleme dar“, merkt der Oberbergische Bundestagsabgeordnete an. Da von einem Sieg gegenüber der Demokratie zu sprechen, wie es die Landesopposition mache, sei übertrieben und schieße doch etwas über das Ziel hinaus.
[Klaus-Peter Flosbach spricht von einem Sieg der gerichtlichen Unabhängigkeit.]
Zu den Folgen des neuen Wahltermins sagt Kreisdirektor Jochen Hagt in seiner Funktion als Kreiswahlleiter: „Die Kreisverwaltung hatte sich auf den Wahltermin des 7. Juni vorbereitet, nun werden sich die Fristen zur Einreichung von Wahlvorschlägen verlängern.“ Zudem benötigen die Kommunen für den neuen Wahltermin Wahlhelfer und Wahlvorstände. In rund 290 Wahllokalen kreisweit sind das jeweils sechs bis sieben Personen. Für die Entschädigung der Wahlhelfer und –Vorstände entstehen Kosten in Höhe von 36.000 bis 42.000 Euro. Auch der Oberbergische Kreis muss für den neuen Termin Personal zur Verfügung stellen. „Kosten entstehen auch für die erneute Bekanntmachung zur Einreichung von Wahlvorschlägen“, so Hagt.
Als neuer Wahltermin gab der NRW-Innenminister Ingo Wolff am Nachmittag den 30. August an. Zu dem Zeitpunkt seien die Sommerferien bereits zu Ende und noch genug Zeit bis zu den Bundestagswahlen vorhanden, sodass es zu keiner Überschneidung komme, erklärte er bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf.